Jan Bontjes van Beek Ausstellung im Markanto Depot

1899 als Sohn niederländischer Eltern im dänischen Vejle geboren, wuchs Jan Bontjes van Beek in Uerdingen am Niederrhein auf, wo er ab 1905 die Volksschule und anschließend das Realgymnasium besuchte. 1907 erhielt er die deutsche Staatsbürgerschaft. Nachdem Bontjes van Beek während des Ersten Weltkriegs in der Marine gedient hatte, lebte er 1919 für einige Monate in der Künstlerkolonie Worpswede auf dem Hof von Heinrich Vogeler. Neben Künstlern, wie Hans-Heinz Stuckenschmidt oder Otto Modersohn, lernte er in Worpswede auch die Ausdruckstänzerin Olga Breling, Tochter des Malers Heinrich Breling, kennen, die er noch im selben Jahr auf Tournee begleitete und im Folgejahr heiratete. Das Paar ließ sich unweit von Worpswede, ebenfalls bei Bremen gelegenen Ort Fischerhude in der dortigen Künstlerkolonie nieder und bekam drei Kinder: Mietje, Cato und Tim. In den Jahren 1921 und 1922 absolvierte Jan Bontjes van Beek bei Valentin Frank in Undenheim bei Mainz eine Ausbildung zum Töpfer und baute anschließend gemeinsam mit seiner Schwägerin, der Bildhauerin Amelie Breling, in Fischerhude eine Töpferwerkstatt auf. In der Folgezeit arbeitete Bontjes van Beek in seiner Werkstatt in Fischerhude, unterbrach die dortige Arbeit jedoch immer wieder für Studienaufenthalte im In- und Ausland, etwa im Berliner Seger-Institut, in Prag, in Sèvres und im Atelier Bourgeois in Paris. 1932 wurde er von dem Architekten Fritz Höger, bekannt für das Hamburger Chilehaus, beauftragt, Keramiken für eine von Höger entworfene Kirche in Berlin zu fertigen. Hierzu ließ sich Bontjes van Beek vorübergehend in dem Ort Velten bei Berlin nieder – einem traditionellen Zentrum der keramischen Industrie mit reichen Tonvorkommen. In Berlin lernte Bontjes van Beek die Innenarchitektin Rahel-Maria Weisbach kennen, die er 1933, nach der Scheidung von Olga Breling, heiratete. Das Paar ließ sich in Berlin nieder und bekam vier Kinder, darunter die Photographin und Journalistin Digne Meller-Marcovicz. In Charlottenburg baute Bontjes van Beek erneut eine Keramikwerkstatt auf.

Schicksalsschlag im Dritten Reich

Nicht nur aufgrund der jüdischen Abstammung seiner zweiten Ehefrau kam Jan Bontjes van Beek in der Folgezeit in Konflikt mit dem Nazi-Regime. Über ihn erhielt seine Tochter Cato Zugang zum Freundeskreis um Harro Schulze-Boysen, einer Gruppe von Widerstandskämpfern, die der sogenannten Roten Kapelle zugerechnet wird, und schloss sich der Gruppe an. Als Teil der Widerstandsbewegung druckte und verteilte Cato Bontjes van Beek regimekritische Flugblätter und verteilte sie in der Bevölkerung. Cato wurde im Jahr 1942 gemeinsam mit ihrem Vater von der Gestapo festgenommen. Während man Jan Bontjes van Beek nach drei Monaten Haft wieder entließ, wurde Cato weiter gefangen gehalten und 1943 hingerichtet.

Jan Bontjes van Beek

Abbildung: Jan Bontjes van Beek in den 1950er Jahren (Copyright Jan-Barent Bontjes van Beek)

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg, seine Werkstatt in Charlottenburg war durch einen Bombenangriff zerstört, begann Jan Bontjes van Beek eine Lehrtätigkeit an der Hochschule für freie und angewandte Kunst in Berlin-Weißensee, die er von 1947 bis 1950 außerdem als Direktor leitete. Weil er sich dort in seiner Arbeit von staatlichen Stellen reglementiert fühlte, legte er die Arbeit an der Hochschule ab und konzentrierte sich stattdessen auf die industrielle Fertigung. Von 1950 bis 1953 baute er für Alfred Ungewiß in Dehme bei Bad Oyenhausen die Serienfertigung des Keramischen Werks Dr. Alfred Ungewiß auf. Gleichzeitig erstellte er sowohl für Ungewiß als auch für Rosenthal Entwürfe. Nachdem er 1953 als Direktor der Berliner Meisterschule für das Kunsthandwerk in den Lehrbetrieb zurückkehrte, blieb er Alfred Ungewiß weiterhin als Berater und Designer verbunden. Außerdem fertigte er in der dortigen Werkstatt noch bis 1967 immer wieder auch Unikate. Von 1960 bis 1966 leitete er als Dozent an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg die dortige Keramikklasse. Stilistisch sind seine Werke, insbesondere die Entwürfe für die Serienfertigung, aus den 1950er und 1960er Jahren geprägt vom zeittypischen Charme: monochrom, organisch, zurückhaltend. Jan Bontjes van Beek war von 1954 bis 1960 Vorstandsmitglied des deutschen Werkbunds, und anschließend Mitglied des deutschen Kunstrats. 1964 wurde er Mitglied der Akademie der Künste in Berlin, 1965 erhielt er den großen Kunstpreis der Stadt Berlin und wurde Mitglied der Académie Internationale de la Céramique in Genf. Jan Bontjes van Beek starb 1969 in Berlin.

Den Fokus der Kölner Ausstellung bilden seine Serienentwürfe für Rosenthal und Dr. Alfred Ungewiß. Mehrere handwerklich gefertigte Einzelstücke, die zeitlich seine gesamte Schaffenszeit umfassen, bilden zudem die Breite seines Werks ab. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Ort: Markanto Depot, Mainzer Straße 26, 50678 Köln
ab 24. September (Im Rahmen von Veedelliebe) bis 31. Dezember 2022
Öffnungszeiten: Samstags von 11.00 bis 16.00 Uhr und nach Vereinbarung

Bisherige Ausstellungen von Jan Bontjes van Beek (Auswahl):

  • 1925 Hamburg, Erste Verkaufsausstellung in den Räumen des Architekten Fritz Höger
  • 1926 München, Neue Sammlung, „Alte und neue Keramik”
  • 1931 Paris, Galerie Rouard 1936 London, Leicester, Galleries, Gemeinschaftsausstellung mit Henry Moore
  • 1935-42 Leipzig, Grassi-Museum, Ausstellungen zur Messe
  • 1937 Berlin, Galerie Nierendorf (Einzelausstellung)
  • 1947 Berlin, Galerie Gerd Rosen (Einzelausstellung)
  • 1954 Mailand, X. Triennale Essen, Museum Folkwang
  • 1959 Berlin, Deutscher Werkbund, Werkstoff Porzellan
  • 1964 Hamburg, Museum für Kunst und Gewerbe (Einzelausstellung) München, Neue Sammlung (Einzelausstellung)
  • 1964/65 Berlin, Kunstgewerbemuseum (Einzelausstellung)
  • 1976 Kyoto, National Museum of Modern Art
  • 1977/78 Berlin, Akademie der Künste (Einzelausstellung) Düsseldorf, Hetjens-Museum (Einzelausstellung)
  • 1999 Gera, Museum für Angewandte Kunst “zum 100sten“(Einzelausstellung)

 

Wir bedanken uns bei Jan-Barent Bontjes van Beek für die Unterstützung und bei Marc Casseborn für die Leihgabe!

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