Forschung im Auftrag des guten Geschmacks: Zwei Sondereditionen aus dem Alessi Research Lab

Hervorragender Espresso ist in Italien für wenig Geld an fast jeder Straßenecke erhältlich. Daher haben sich hochwertige Siebträgermaschinen für den Hausgebrauch, wie sie im Rest der Welt immer beliebter werden, im Mutterland des Espressos kaum durchgesetzt. Warum einen solchen Aufwand treiben, wenn man den besten Kaffee ohnehin in der Bar trinkt? Für das Kaffeetrinken zu Hause – mit Gästen oder unmittelbar nach dem Aufstehen etwa – hat sich in Italien ein anderes Utensil etabliert: die Herdkanne, die heißes Wasser mittels Dampfdruck durch Kaffeepulver presst. Entgegen einer in Deutschland weit verbreiteten Annahme, handelt es sich bei dem auf diese Weise gebrühten Kaffee nicht um Espresso. Während eine Espressomaschine mit einer Temperatur von rund 93° C und einem Druck von etwa neun Bar brüht, passiert das Wasser in einer Herdkanne das Kaffeepulver mit nur circa einem Bar Druck, und einer Temperatur von rund 100° C. Die höhere Temperatur und der niedrigere Druck bringen besonders die süßlichen und schokoladigen Aromen des Kaffees zur Geltung. In Italien wird der auf diese Weise zubereitete Kaffee als Moka bezeichnet.

Der im Piemont gelegene Ort Omegna ist in besonderer Weise mit dieser Herdkanne verbunden, denn hier erfand 1933 Alfonso Bialetti die erste Kanne dieser Art, die von dem von ihm gegründeten Unternehmen Bialetti bis heute unter dem Namen Moka-Express vermarktet wird. Omegna, ein traditionelles Zentrum der Metallindustrie, ist außerdem auch Sitz von Alessi. Beide Firmen sind bis heute in Familienbesitz; die Familien Alessi und Bialetti sogar untereinander verschwägert. Nur folgerichtig ist es da, dass sich auch im Sortiment von Alessi einige Herdkannen nach Art der Moka-Express finden. Zwei davon sind wahre Designklassiker und werden nun mit Sondereditionen besonders geehrt: das Modell 9090 von Richard Sapper (Abbildung links) und das Modell La Conica von Aldo Rossi (Abbildung rechts).

Die Herdkanne La Conica – auch bekannt als Modell 90002 – lässt mit ihrer architektonischen Anmutung die Profession ihres Entwerfers Aldo Rossi erkennen. Dieser zählt zu den prägenden Architekten der Postmoderne und ist etwa für das Bonnefantenmuseum in Maastricht oder das Quartier Schützenstraße in Berlin bekannt. 1990 erhielt er als erster Italiener den renommierten Pritzker-Preis, der als wichtigste Auszeichnung für Architekten gilt. Die aus Edelstahl gefertigte Herdkanne La Conica mutet durch ihre schlanke Form wie ein Türmchen an. Sie setzt sich aus einfachen geometrischen Formen zusammen: Ein flacher Zylinder aus Kupfer bildet die Basis und dient der besseren Wärmeleitung. Ein hoher Zylinder bildet den Körper der Kanne, ein Kegel fungiert als Deckel und erinnert an ein Dach, eine Kugel als Knauf bekrönt die Kanne. In ihrer seit 1989 produzierten Variante, verwendet die Kanne einen zurückhaltenden Edelstahlgriff, der im oberen Bereich der Kanne ansetzt, rechtwinklig abgewinkelt ist und parallel zur Seitenwand der Kanne nach unten reicht.

Aldo Rossi hatte jedoch bei der Entwicklung der Kanne noch weitere Varianten in Betracht gezogen und erprobt. Die nun erstmals produzierte La Conica manico lungo, verfügt über einen langen Griff, der rechtwinklig von der Kanne absteht und sich konisch verjüngt. Er setzt am Körper der Kanne als Edelstahlmuffe an, in die der eigentliche Griff aus hellblauem, hitzebeständigem Kunststoff eingefügt ist. Korrespondierend mit dem Griff ist bei dieser Variante auch der sonst aus Edelstahl bestehende, kugelförmige Knauf auf dem Deckel aus hellblauem Kunststoff gefertigt.

Mit ihrer markanten Griffform ist die La Conica manico lungo eine Hommage an einen Kaffeekannentypus, der für Neapel typisch ist und als Vorläufer der Moka-Express gelten kann: die Cuccuma. Auch sie verfügt über ein oberes und ein unteres Reservoir, zwischen denen sich ein Filterelement befindet, das das Kaffeepulver aufnimmt. Bei der Cuccuma wird zunächst heißes Wasser in eines der Reservoirs gefüllt, dann das Filterelement und das zweite Reservoir aufgeschraubt. Nun dient der lange Griff dazu, die gesamte Kanne umzudrehen, sodass das heiße Wasser – ohne zusätzlichen Druck oder äußere Wärmequellen – durch das Kaffeepulver in das nun unten angeordnete Reservoir sickert. Bei der La conica manico lungo erfüllt der namensgebende lange Griff, neben der Ehrerweisung an die Cuccuma außerdem einen praktischen Zweck: er hält die Hände des Nutzers in gebührendem Sicherheitsabstand zur heißen Kanne.

Die von Richard Sapper 1979 entworfene Herdkanne 9090 ist in ihrer Formgebung und Materialität  stark von funktionalen Überlegungen geprägt. Schon zehn Jahre vor der La Conica wählte der aus München stammende Designer Richard Sapper anstelle des traditionell verwendeten Aluminiums den langlebigeren und gesundheitlich unbedenklicheren Edelstahl als Material für diese Herdkanne. Auch der sonst meist aus Kunststoff gefertigte Griff wurde aus Stahl gefertigt, um eine lange Lebensdauer der Kanne zu erzielen. Die Art der Anbringung des Griffs und seine Form, die bei geringer Materialstärke eine große Oberfläche aufweist, sorgen dafür, dass der Griff nicht zu heiß wird. Seine Oberfläche ist brüniert, also mit einer künstlich erzeugten Oxidschicht versehen, die eine charakteristische dunkelbraune Farbe aufweist und vor Korrosion schützt. Ein zusätzliches Bedienelement am Deckel ermöglicht es, diesen einhändig zu öffnen. Die breite Basis der Kanne nimmt die Hitze des Herds optimal auf; nach oben hin verjüngt sie sich zwei Mal konisch. Ein Reduzierstück im Filterelement erlaubt wahlweise die Zubereitung kleinerer Kaffeemengen. Der plastisch aus dem Körper der Kanne emporwachsende, dreiecksförmige Ausguss unterstreicht den teknoiden Maschinencharakter des Entwurfs. Die Herdkanne 9090 wurde mit dem renommierten Designpreis Compasso d’Oro ausgezeichnet und findet sich heute in den Sammlungen zahlreicher Designmuseen.

Doch wie so oft in der Produktentwicklung, gingen auch hier dem schlussendlich ausgewählten Entwurf zahlreiche andere Varianten voraus, die erprobt und schließlich verworfen wurden. Die nun erstmals angebotene Variante 9090 manico forato verwendet – wie der Namenszusatz verrät -  einen perforierten Griff. Die in Längsrichtung angeordneten Löcher sollten die Masse des Griffs verringern und seine Oberfläche vergrößern, um zusätzlich dazu beizutragen, dass sich dieser nicht zu stark aufheizt. Zwar hat sich diese Maßnahme im Versuch als unnötig erwiesen und wurde daher von Sapper verworfen, ästhetisch reizvoll ist sie dennoch. Ein weiterer Unterschied zum regulären Modell ist auch die Farbe des stählernen Griffs. Dieser ist bei der 9090 manico forato nicht brüniert, sondern rot lackiert. Neben den natürlichen Oberflächenfarben der verwendeten Materialien, sowie verschiedenen von Schwarz bis Weiß reichenden Grauwerten, die vielfach nicht als Farben klassifiziert werden, verwendete Sapper Rot als einzige Farbe und nutzte sie, um Bedienelemente, bewegliche oder wichtige Teile hervorzuheben. Man denke etwa an den roten Schalter der Schreibtischleuchte Tizio oder an den roten Trackpoint des von Sapper entworfenen IBM ThinkPads. Dieses Designdetail hat sich auch Jahrzehnte nach Sappers Entwurf, nach unzähligen neuen Versionen und nach Übernahme der Marke ThinkPad durch Lenovo als Charakteristikum dieser Notebooks erhalten.

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