Organisch und teknoid: Cassina legt Klassiker von Ico Parisi wieder auf
Domenico “Ico” Parisi wurde im sizilianischen Palermo geboren. Einige Jahre später zogen seine Eltern mit ihm in den Norden Italiens. Die Stadt Como wurde zu Parisis Heimat und Wirkungsstätte. Hier, am malerischen Comer See und nahe der Designmetropole Mailand, verbrachte Parisi fast sein ganzes Leben.
Als junger Mann absolvierte Parisi in Como zunächst eine Ausbildung im Bauwesen. Unter anderem war er für Giuseppe Terragni tätig, der als Vorreiter der modernen Architektur in Italien gilt. So dokumentierte Parisi etwa dessen berühmtestes Gebäude, die Casa del Fascio in Como – eine Ikone des italienischen Rationalismus. Design lag Parisi ebenso am Herzen wie die Architektur und schon damals schätzte er das Arbeiten im Kollektiv. So gründete er 1937 zusammen mit Fulvio Cappelletti, Giovanni Galfetti und Silvio Longhi die Künstlergruppe Alta Quota. Dem Namen nach (alta quota bedeutet soviel wie “große Höhe”) hatten sich die Architekten und Designer gemeinsam hohe Ziele gesetzt, doch zunächst markierte der Zweite Weltkrieg eine tiefe Zäsur. Parisi wurde 1940 als Pontonier zum Kriegsdienst eingezogen.
Unmittelbar nach seiner Rückkehr von der Front 1943 nahmen Parisi und Alta Quota ihre Arbeit wieder auf. Mit dabei: eine Schülerin des renommierten Architekten Gio Ponti namens Luisa Aiani. Parisi und Aiani heirateten 1947. Ein Jahr später gründeten sie das Design-Studio “La Ruota” (“das Rad”), welches fast 50 Jahre lang eine der ersten Adressen für hochwertiges, modernes Design aus Italien sein sollte. Im Zentrum von Ico Parisis Schaffen stehen diverse Inneneinrichtungen, Möbel, Glas, ebenso wie Schmuck. Organisches Design verknüpft mit teknoiden Elementen wurde sein Markenzeichen. Auch die Materialwahl verdeutlicht diese Synthese der scheinbar widersprüchlichen Pole Natur und Technik. So arbeitete Parisi bevorzugt mit der Kombination von Holz und Metall.
Parisi verwirklichte Prestigeprojekte wie die Innenausstattung der Staatsbibliothek in Mailand. Produziert wurden seine Entwürfe unter anderem von Singer & Sons, Altamira , M.I.M. und Longhi. Im Besonderen mit dem Hersteller Cassina aus dem Ort Meda verband Parisi eine jahrelange, fruchtbare Zusammenarbeit. Einige seiner ikonischen Entwürfe wurden nun im Rahmen der Cassina I Maestri Kollektion neu aufgelegt und sind ab sofort bei Markanto erhältlich: Der Tisch Olimpino, der 875 Sessel und die Konsole PA’47 (Abbildung oben, zusammen mit dem Leggera Chair von Gio Ponti).
Bei alldem ließ Parisi das Bauen nie los. Zu Beginn der 1950er Jahre studiert er Architektur in Lausanne. Zusammen mit den Architekten Silvio Longhi und Luigi Antonietti entwarf er den spektakulären Wohnzimmer-Pavillon (Padiglione per Soggiorno) für die zehnte Mailänder Triennale; einen Bau aus Beton- und Glas, dessen Form an ein Zelt erinnert. Ab den späten 1960er Jahren ging Parisi im Bereich der Architektur noch einen Schritt weiter. Gemeinsam mit anderen Künstlern entwickelt er interdisziplinäre Wohn-Utopien, die etwa auf der 76. Biennale in Venedig zu sehen waren. Sein Spätwerk konzentrierte sich auf Installationen und Performances, die sich mit den Massenmedien auseinandersetzten. Hiermit nahm Parisi 1982 an der documenta urbana in Kassel teil. Ico Parisi starb 1996 in Como, sechs Jahre nach seiner Frau Luisa.