Ausstellungen „Bauhaus und Nationalsozialismus“ und „Museum Zwangsarbeit im Nationalsozialismus“ in Weimar

Nachdem gestern die AFD in Thüringen mit über 32% ihr bislang bestes Wahlergebnis erzielen konnte, möchten wir an dieser Stelle dringend den Besuch der beiden Ausstellungen „Bauhaus und Nationalsozialismus“ und „Museum Zwangsarbeit im Nationalsozialismus“ in Weimar empfehlen. Eröffnet wurde die Doppelausstellung am 8. Mai, dem Tag der Kapitulation des Dritten Reichs und des Kriegsendes in Europa 1945, mit einem Festakt in Weimar, wozu wir als Leihgeber der Ausstellung eingeladen waren. Bei dem Festakt sprachen u.a. Dr. Ulrike Lorenz (Präsidentin der Klassik Stiftung Weimar), Prof. Dr. Jens-Christian Wagner (Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora), Claudia Roth (Staatsministerin für Kultur und Medien) und Bodo Ramelow, der bisherige Ministerpräsident von Thüringen. Besonders die Rede von Bodo Ramelow war beeindruckend, welche eine Aufarbeitung des Aufstiegs der Nationalsozialisten in den späten 1920er Jahren in Thüringen darstellte und den Bezug zur heutigen Zeit herstellte. „Heute eröffnen wir nicht nur ein Museum und eine Ausstellung, sondern setzen auch ein klares Zeichen für die Bedeutung der Geschichtsaufarbeitung in Thüringen. Diese Einrichtungen in Weimar, einem Kernpunkt deutscher Kulturgeschichte, verpflichten uns dazu, die Ereignisse der Zwangsarbeit unter dem Nationalsozialismus gründlich zu erforschen und öffentlich zu machen. Diese Auseinandersetzung ist grundlegend für unser fortwährendes Bestreben, aus der Geschichte zu lernen, unsere demokratischen Werte zu stärken und die Menschenrechte zu schützen. Sie ermahnen uns, wachsam zu bleiben und die Lehren der Vergangenheit als Wegweiser für die Zukunft zu nutzen" , so Bodo Ramelow am 8. Mai 2024. Denn in Thüringen wurde die NSDAP nach den Wahlerfolgen 1929 zum ersten Mal an einer deutschen Landesregierung beteiligt, der berüchtigte Gauleiter Fritz Sauckel zog 1929 als Fraktionsvorsitzender in den Thüringer Landtag in Erfurt ein. Mit der sogenannten Baum-Frick-Regierung wurde das Bundesland zum negativen Vorreiter des aufkommenden Nationalsozialismus in Deutschland. Wir hoffen, dass sich dies 2024 nicht wiederholt und alle demokratischen Parteien ihre Aussage, mit der AFD nicht zu koalieren, festhalten. 

Die Doppelausstellung findet in Weimar an vier Orten statt: dem Bauhaus-Museum, dem Museum Neues Weimar, dem Schiller-Museum und dem Museum Zwangsarbeit im Nationalsozialismus, das sich heute im ehemaligen Bürositz von Fritz Sauckel im Gauforum Weimar befindet. Im Bauhaus-Museum geht es um die Vorläuferaktion der Nazi-Kampagne „Entartete Kunst” in Weimar: Bereits 1930 wurden über 70 Werke von Künstlern wie Lyonel Feininger und Paul Klee aus dem Schlossmuseum entfernt, über 450 Werke wurden dann 1937 beschlagnahmt. Der Hauptteil der sehr sehenswerten Ausstellung im Schiller-Museum beschäftigt sich mit Bauhaus-Mitgliedern und ihren „Lebenswegen in der Diktatur 1933−1945”. Die Station thematisiert die Gratwanderungen, die sie angesichts der neuen politischen Verhältnisse nach 1933 vollzogen. Viele Bauhäusler*innen hatten kaum eine Wahl: Sie verloren ihre Arbeit und flohen aufgrund ihrer Herkunft ins Exil. Mindestens einundzwanzig Bauhäusler*innen wurden in NS-Gefängnissen oder Konzentrationslagern umgebracht. Doch die Mehrheit blieb unbehelligt in Deutschland. Ehemalige Bauhaus-Studierende beteiligten sich an nationalsozialistischen Propagandaausstellungen oder präsentierten ihre Werke auf Kunstgewerbemessen.

Ein besonders erschütterndes Beispiel ist das Leben des Architekten, Designers und Bauhaus-Schülers Franz Ehrlich, der als Kommunist und Antifaschist als politisch Verfolgter in das KZ Buchenwald kam. Dort entwarf er als Gefangener unter anderem die Typografie des Schriftzugs „Jedem das Seine“ im Tor des Konzentrationslagers im Stil der Moderne. Nach seiner Freilassung 1939 blieb Franz Ehrlich freiwillig in Buchenwald und entwarf dort den Lagerplan, die Baracken und verschiedene Möbel für die SS. Diese Ambivalenz im Leben des Bauhäuslers lässt jeden Besucher der Ausstellung staunen und fragen, wie man damals selbst gehandelt hätte. Passend dazu steht vor dem Schiller-Museum auch ein Nachbau des Tores aus Buchenwald mit dem zynischen Motto der Nationalsozialisten (siehe oben).

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